Aktuell in der UR

Die bewegliche feste Niederlassung (Kuprat, UR 2022, 325)

Der Beitrag geht anhand des Beispielsfalls einer Hochseekreuzfahrt mit verschiedenen, fakultativ dazu buchbaren Reisebestandteilen der Frage der Leistungsortbestimmung nach. Bei genauerer Betrachtung ist nicht die in der MwStSystRL enthaltene Sonderregelung für Reisebüros oder deren Umsetzung in nationales Recht, sondern die Ausgestaltung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses die Ursache für die unübersichtlichen Leistungsortsbestimmungen.


I. Einleitung

II. Sachverhalt

III. Bestimmung des Ortes der Dienstleistung nach Art. 307 Satz 2 MwStSystRL

IV. Bestimmung des Ortes der Reiseleistung nach Abschn. 25 UStAE i.d.F. v. 24.6.2021

1. Umfang der unter § 25 UStG fallenden Leistungen

2. Zurechnung der unter § 25 UStG fallenden Leistungen

3. Bestimmung des Ortes der Reiseleistungen

V. Fazit


I. Einleitung

Das in der Überschrift des Beitrags verborgene Oxymoron bleibt nicht lediglich Teil einer rhetorischen Figur. Anwender des im Jahr 2021 geänderten Umsatzsteuer-Anwendungserlasses zu § 25 UStG werden sich in der Realität mit diesem Widerspruch auseinanderzusetzen haben.

Nachfolgend wird untersucht, ob bei der Bestimmung des Ortes einer sonstigen Leistung ein Anknüpfungspunkt vorrangig zu berücksichtigen ist – entweder der Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit eines Unternehmens oder eine feste Niederlassung. Sodann wird erörtert, ob es im Gesetz oder in der Rechtsprechung hilfreiche Hinweise zum Umfang einer Reise i.S.d. § 25 UStG gibt. Als gänzlich einzigartig dürfte die Berücksichtigung eines zeitlichen Aspekts bei der Bestimmung des Ortes einer sonstigen Leistung i.S.d. § 25 UStG sein, die ihre Begründung in der Beweglichkeit der nach Ansicht der Finanzverwaltung maßgeblichen Niederlassung hat. Es wird ein Fazit zu der Frage geben, ob die hier dargestellte Problematik entweder das Resultat komplizierter unionsrechtlicher Vorschriften, der Rechtsprechung oberster deutscher und europäischer Gerichte oder der nationalen Verwaltungsanweisungen ist.

II. Sachverhalt

Die Grundsätze der Ortsbestimmung beim Vorliegen einer beweglichen festen Niederlassung werden nachfolgend anhand dreier deutscher Reisender erörtert, die mit demselben Schiff und zur selben Zeit eine Hochseekreuzfahrtreise unternehmen. Diese wird von dem im Inland ansässigen Unternehmer U mit dem eigenen Kreuzfahrtschiff durchgeführt. Die Schiffsreise beginnt in Italien (IT) und führt über Spanien (ES) sowie Frankreich (FR) zum Abgangshafen zurück. U bietet im eigenen Namen gegen zusätzliches Entgelt ein An- und Abreisepaket von und zurück nach Deutschland (DE) an, das im Rahmen der Reisebuchung ausgewählt werden kann. Während der Zwischenaufenthalte haben die Reisenden die Möglichkeit, an Landausflügen teilzunehmen, welche U ebenfalls im eigenen Namen anbietet. Diese Ausflüge können nur an Bord des Schiffes verbindlich gebucht werden. Für die fakultativen Leistungen nimmt U die Dienstleistungen Dritter in Anspruch.

Die umsatzsteuerrechtliche Einordnung der Kreuzfahrt als Beförderungsleistung, deren Schicksal die Beherbergung und die Beköstigung an Bord des Schiffes teilen, folgt zwar der ständigen Rechtsprechung des BFH. Der BFH hat jedoch in keinem der Urteile den Anteil dieser Nebenleistungen am zu zahlenden Pauschalbetrag geprüft. Anderenfalls hätten die Entscheidungen wohl anders ausfallen müssen oder die bisherige Obergrenze von 12,5 % wäre möglicherweise nicht zu halten gewesen.5 Überdies stellen Beförderung und Beherbergung (...)
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 28.04.2022 16:37
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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